Lettland: Statt Small Talk zur Sache kommen

18.12.2013

Neben einer gemeinsamen Währung bietet Lettland deutschen Unternehmen auch günstige Investitionsbedingungen. 

Im Gespräch mit
Sarmite Ozolina
Leiterin des Repräsentanzbüros der lettischen Förderagentur in Deutschland

Sehr geehrte Frau Ozolina, von der Euro-Einführung erhofft sich die Regierung mehr ausländische Direktinvestitionen. Die Bevölkerung Lettlands befürchtet jedoch steigende Preise und will lieber bei den Ausgaben kürzen. Ist Lettland da derzeit ein attraktiver Markt?

Lettland ist attraktiv für kleine und mittlere Unternehmen, die kosteneffizient in der Europäischen Union produzieren möchten und die Möglichkeit nutzen wollen, beispielsweise in den größten Nachbarmarkt der EU – Russland – zu liefern. Unser Land bietet sich auch als Drehscheibe oder Servicestandort für diesen Markt. Riga hat einen wunderbaren Transitflughafen, und die lettische Fluggesellschaft Air Baltic fliegt viele Ziele auch in Zentralasien an. Bei der Euroeinführung kann Lettland von den Erfahrungen der anderen Euro-Länder lernen, und ich denke, dass die Bevölkerung nicht sonderlich bei den Ausgaben sparen wird. Gerade ist zu sehen, wie sich die Einwohner nach der Krise erholen und wieder mehr konsumieren, und selbst die Euroskeptiker werden immer neugieriger – mit dem Euro nicht nur im Ausland, sondern auch im eigenen Land zu bezahlen. Viele Letten sind sehr stolz darauf, und das bringt unser Land der europäischen Normalität noch näher.  

Sie sind Vertreterin der Förderagentur in Deutschland. Mit welchen Anliegen können sich deutsche Unternehmen an Sie wenden?

Wir helfen deutschen Unternehmen Partner in Lettland zu finden, überwiegend ist dies in der Produktion der Fall. Unsere Wirtschaftsförderungsagentur verfügt aber über mehr als 200 Mitarbeiter, die umfangreiche Kompetenzen bei der Beratung in allen Wirtschaftszweigen bieten. Unser zweites großes Anliegen ist die Investitionsförderung. Wir können bei der Standortsuche,  Information, Unternehmensgründung und vielen anderen Themen weiter helfen. Wir wollen zeigen, dass Lettland nicht nur ein grünes Land mit unberührter Natur und freundlichen Menschen ist, sondern auch ein guter Wirtschaftsstandort.  

Die Investitions- und Entwicklungsagentur wurde 1993 gegründet, besteht also seit 20 Jahren. Sind Ihnen aus dieser Zeit auch besonders kuriose Fälle bekannt?

Öfters erleben wir Kurioses, wenn die Interessenten nicht genau wissen, wo und was Lettland ist. Es kommt vor, dass Baltikum mit Balkan verwechselt wird und noch acht Jahre nach dem EU-Beitritt wird gefragt, ob Lettland ein GUS-Staat ist. Wir nehmen das mit Humor, denn die Aufklärung gehört zu unserem Alltagsjob.  

Lettland ist mit einer Bevölkerung von zwei Millionen ein recht kleiner Markt.

In der Tat, wenn ein Unternehmen nur in Lettland aktiv sein möchte, wird der Markt definitiv zu klein sein. Wenn wir das ganze Baltikum in Betracht ziehen, sind das schon mehr als sechs Millionen Einwohner. Lettland ist ferner sehr eng mit den nordischen Ländern verbunden. Für viele skandinavische Unternehmen zählt Lettland zum einheimischen Markt, und dann umfasst der Markt etwa 30 Millionen Einwohner. 

Und für welche Branchen ist das Land besonders interessant?

Lettland ist nach wie vor für Unternehmen aus der Maschinenbaubranche, Holzverarbeitung sowie Landwirtschaft ein angesagter Standort.  

Für KMU ist der Schritt über die Grenze schwieriger als für große. Gibt es besondere Förderungen in Lettland, wenn ausländische KMU im Land investieren möchten?

Es gibt nach wie vor Fördergelder, die für jedes in Lettland registrierte Unternehmen zugänglich sind. Allerdings ist Lettland nicht mehr für Unternehmen interessant, die Fördermittel für Infrastruktur und Ausrüstung benötigen. Jetzt unterstützen wir neue Produkte, Innovationen, wir helfen bei der Ausbildung der Mitarbeiter, wir haben Gründerzentren und Sonderwirtschaftszonen mit enormen Steuerermäßigungen. Lettland ist dabei das Steuersystem zu optimieren, es werden im nächsten Jahr auch Steuern gesenkt.  

Was sollten Unternehmen beim Kontakt mit lettischen Firmen auf jeden Fall beachten bzw. auf gar keinen Fall machen?

Die Letten sind keine Small Talk Genies. Man möchte schnell zum Geschäft kommen. Die Unternehmensstruktur ist ausgesprochen horizontal. Auch, wenn Lettland eine Zeit lang Teil der Sowjetunion war, darf man nicht davon ausgehen, dass alle Einwohner Russisch sprechen. Für die Deutschen ist das Baltikum zwar eine eigenständige geographische Einheit, die baltischen Ländern, auch wenn sie sehr freundschaftlich untereinander sind, sehen sich aber nicht als ein Land.  

Wie weit würden Sie sagen, kommen deutsche KMU im Wirtschaftsleben in Lettland zurecht, wenn sie nicht über lettische Sprachkenntnisse verfügen?

Eine Besonderheit kleiner Länder ist die Fähigkeit mehrere Fremdsprachen zu beherrschen. Das gilt auch für Lettland. Die meisten Einwohner sprechen mindestens zwei Sprachen, sehr viele sogar drei  – Lettisch, Englisch, Russisch. Etwa 16 Prozent der Bevölkerung können auch Deutsch. Ich will damit sagen – ein Deutscher muss nicht unbedingt Lettisch können, um in Lettland wirtschaftlich aktiv zu sein. Die Letten empfinden es auch nicht als Beleidigung, wenn ein ausländischer Unternehmer die lettische Sprache nicht kann. Die Letten sind deutschfreundlich und hilfsbereit.


Über ausgewählte Investitionsbedingungen in Lettland und die Möglichkeiten Geschäftspartner in dem Land zu finden, informiert der EuropaService unter https://europaservice.dsgv.de/

Infos zur lettischen Förderagentur http://www.liaa.gov.lv/en


Copyright

© Diese Ausarbeitung oder Teile aus ihr dürfen ohne Erlaubnis des EuropaService der Sparkassen-Finanzgruppe nicht reproduziert werden. Zitate sind mit Nennung der Quelle gestattet. Die Weitergabe durch Institute der Sparkassen-Finanzgruppe an deren Kunden ist frei.

Iris Hemker
Länderinfos, Kooperationsservice


030 20225 5796


030 20225 5799