Albanien: Neue Hoffnung im Herbst

30.09.2019

Positiv sind die Entwicklungen in Albanien im jüngsten Fortschrittsbericht erwähnt worden, dennoch hatte der EU-Ministerrat die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen im Juni abgelehnt. Die nächste Chance besteht jetzt im Oktober. Welche Möglichkeiten bereits jetzt KMU aus Deutschland in dem Balkanstaat haben, erläutert Hans-Jürgen Müller, Präsident Deutsch-Albanische Wirtschaftsgesellschaft e. V., Berlin.

Albanien: Neue Hoffnung im Herbst
Im Gespräch mit
Hans-Jürgen Müller
Präsident der Deutsch-Albanischen Wirtschaftsgesellschaft

Herr Müller: Die EU-Kommission hat die Eröffnung von Verhandlungen mit Albanien empfohlen. Auf welchen Gebieten haben Sie die größten Veränderungen für Unternehmen festgestellt?

Die Unternehmen haben vor allem vom Assoziierungsabkommen mit der EU profitiert. Gegenseitige Zollfreiheit und die Umsatzsteuerrückvergütung bei Ausfuhrlieferungen sind unternehmensfreundlich, auch wenn es bei der Zollabwicklung und der Rückvergütung im Einzelfall in der Praxis hakt.

Welche Reaktionen erhalten Sie generell von deutschen Unternehmen, die bereits in Albanien engagiert sind?

Die Rechtsunsicherheit wird als das herausragende Problem angesehen. Deshalb haben im letzten Jahr zwei deutsche Unternehmen Albanien wieder verlassen. Die meisten Unternehmen im deutsch-albanischen Warenaustausch sind mit ihrem Engagement vor Ort zufrieden, vor allem wenn sie in der Privatwirtschaft tätig sind. Das Geschäft mit dem Staat gilt als schwierig.

Wo sehen Sie für deutsche KMU die größten Chancen sich in Albanien geschäftlich zu betätigen? Sei es im Handel oder bei Investitionen?

Kleine und mittlere Unternehmen haben die größten Chancen im Handel mit wettbewerbsfähigen Produkten Albaniens, so in der Leichtindustrie, Textilien und Schuhen, aber auch mit Agrargütern. Von deutscher Seite sind am ehesten Kfz- und Zubehör, Maschinen - auch gebraucht - und Bauzubehör in Albanien gefragt. Investitionen lohnen am ehesten in der Lohnfertigung der Leichtindustrie. Aber auch Unternehmen, die in der bilateralen Entwicklungshilfe der EU engagiert sind, können positive Ergebnisse erzielen.

93 Prozent der Bevölkerung in Albanien befürworten den EU-Beitritt Albaniens. Im Ausland gibt es dagegen noch eine sehr kritische Sicht auf das Land. Was entgegnen Sie diesen Kritikern.

Alle mit dem Beitrittsprozess beschäftigten Politiker - inklusive der albanischen Regierung - wissen, dass dies ein langer und harter Prozess mit tiefgreifenden Reformen ist, wobei die Justizreform erst den Anfang markiert. Über die Herangehensweise gibt es zwei unterschiedliche Auffassungen: die einen meinen, Albanien muss die wesentlichen Reformen durchführen, bevor der Beitrittsprozess startet; die anderen meinen, die Reformen sollten im Rahmen des Beitrittsprozesses verwirklicht werden. Die albanische Bevölkerung neigt klar zu der zweiten Meinung, weil die Reformen dann strikt nach EU-Beitrittsregeln vorgenommen werden müssen.


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Die Deutsch-Albanische Wirtschaftsgesellschaft (DAW) engagiert sich seit ihrer Gründung im Jahr 1994 für die Förderung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen mit Albanien.


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Iris Hemker
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