Italien: Erfolg erfordert Vorbereitung

01.07.2014

Sandalen sollten deutsche KMU, die in Italien Geschäfte machen möchten, besser zu Hause lassen. Erfolgversprechender ist ein guter Anzug, Zeit zur Beziehungspflege und die Qualität der Produkte, erklärt Norbert Pudzich, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der AHK Italien.

Im Gespräch mit
Norbert Pudzich
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied der AHK Italien

Herr Pudzich, am 1. Juli 2014 hat Italien die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Was erhoffen Sie sich hiervon für die Wirtschaft Italiens?

Die Probleme Italiens sind in erster Linie hausgemacht. Sie müssen daher vor allem in Italien selbst angepackt werden. 

Matteo Renzi, der italienische Ministerpräsident, hat jüngst gesagt, dass er sich in der EU weniger strenge Begrenzungen des Haushaltsdefizits wünscht. Hierdurch könnten dann mehr Aufträge für die Wirtschaft resultieren.

"Die Fortsetzung der Haushaltskonsolidierung in Italien muss auch weiterhin hohe Priorität behalten. Andererseits hat Italien einen hohen Nachholbedarf beim Ausbau seiner Infrastruktur. Hier müssen ohne Zweifel intelligente Antworten gefunden werden." 

Kennzeichnend für die italienische Wirtschaft sind sehr kleine Unternehmen (fast 83 Prozent haben weniger als 10 Mitarbeiter). Haben demnach auch ausländische KMU besonders gute Chancen auf dem italienischen Markt Fuß zu fassen?

In Italien gelten gerade für Kleinbetriebe günstige Sonderregelungen. Sie veranlassen dazu, statt einem einzigen mehrere einzelne kleine Unternehmen zu gründen. In Deutschland begünstigt das Steuer- und Arbeitsrecht dagegen generell das Wachstum von Unternehmen. Für den Aufbau von Wirtschaftsbeziehungen nach Italien ist aber nicht die Unternehmensgröße entscheidend, sondern die Qualität und der Preis. 

In welchen Branchen sehen Sie für deutsche KMU besonders gute Möglichkeiten Geschäfte zu machen?

50.000 deutsche Unternehmen unterhalten Geschäftsbeziehungen mit Italien. Das gilt für Investitionsgüter genauso wie für Konsumgüter, und zwar durchweg in allen Bereichen. Unternehmen und Zulieferer in beiden Ländern treiben den Handel von Maschinen und Anlagen, Chemischen Erzeugnissen, Kfz und -Teile sowie Nahrungsmittelprodukte voran. Diese vier Produktgruppen bilden circa 53% der deutschen Ausfuhrgüter nach Italien und 47% der Einfuhrgüter aus Italien. Italienische Technologie fließt dabei häufig direkt in das deutsche Exportgeschäft ein. 

Wem würden Sie von deutscher Seite eher zum Export und wem eher zum Aufbau einer eigenen Produktionsstätte in Italien raten?

Wer vor allem im Investitionsgüterbereich nur wenige Abnehmer hat, der kann sich in der Regel auf reine Lieferbeziehungen beschränken. Wer aber – gleich ob im Investitions- oder Konsumgüterbereich – eine größere Zahl von Kunden anpeilt und neben der Distribution vielleicht auch noch Wartungs- und Reparaturleistungen anbieten möchte, der wird sehr bald über den Aufbau einer eigenen Niederlassung in Italien nachdenken müssen.

Trotz der Wirtschaftskrise seit 2008 ist Italien ein sehr wichtiger Markt und ein reiches Industrieland (relevant für Investitions- und Konsumgüter). Nach Deutschland ist Italien der wichtigste Produktionsstandort Europas. (Investitionsgüter)

Von welchen Erfahrungen berichten deutsche Unternehmer in Italien am häufigsten?

Wer sich nicht oder schlecht beraten und ohne fachliche Begleitung aufmacht, den italienischen Markt zu erobern, der begeht vor allem am Anfang manchen Fehler. Das kann teuer werden. Die Komplexität Italiens ist nicht zu unterschätzen… Unser Kerngeschäft ist es, Unternehmen zu begleiten damit sie solche Fehler vermeiden. Wer aber einmal Fuß gefasst hat, der schätzt die Professionalität seiner italienischen Partner und die nach wie vor in vielen Branchen auskömmlichen Preise. 

Sie haben sowohl mit deutschen als auch italienischen Unternehmen Kontakt. Worin sehen Sie die größten Unterschiede?

Deutsche Mittelständler erweisen sich zumeist als hervorragende Produzenten, doch manchmal als nicht so gute Kaufleute. Italienische Unternehmer dagegen sind oft die besseren Kaufleute. Da fühlt sich so mancher im Nachhinein über den Tisch gezogen. Daher noch einmal: Eine gute Vorbereitung und eine fachkundige Begleitung ist eine unabdingbare Voraussetzung für Erfolg auf dem italienischen Markt. 

... und was sollten die Unternehmen zum besseren Miteinander voneinander lernen?

Traumurlaub-Vorstellungen von Italien als einem Land, in dem Milch und Honig flössen, stets die Sonne scheine und das dolce vita zum Lebensprinzip erklärt sei, sind der erste Schritt in die falsche Richtung, wenn man in Italien Geschäfte machen will. Sandalen sollte man grundsätzlich zu Hause lassen. Stattdessen sollte man den etwas besseren Anzug einpacken. Geschäfte haben immer auch mit Menschen und Gefühlen zu tun. Daher gehören auch die Bereitschaft und die Zeit, in die Beziehung mit seinem Partner zu investieren, in Italien einfach dazu.


Der EuropaService der Sparkassen-Finanzgruppe bietet weitere Infos zu Italien und die Möglichkeit Geschäftspartner zu finden an https://europaservice.dsgv.de.

Infos zur AHK Italien unter https://www.ahk-italien.it/


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